Klezmerkonzert in der Martinskirche
15.06.2019 – Lesezeit ~2 Minuten
Es brennt! Brüder, ach, es brennt!
Oh, unser armes Städtchen, wehe, brennt!
Feuerstürme jagen, gieren, reißen, brechen und entfachen,
stärker noch die wilden Flammen,
schon alles ringsum brennt!
Und ihr steht und guckt und gafft nur
mit verschränkter Händ‘,
und ihr steht und guckt und gafft nur -
unser Städtchen brennt…
Nach dem Pogrom in der polnischen Kleinstadt Przytik im Jahr 1938 verfasste Mordechai Gebirtig, ein Tischler aus Krakau, zugleich Musiker und Dichter, diesen Text. Mit seinen Werken verlieh Gebirtig den osteuropäischen Jüdinnen und Juden eine Stimme und geradezu ahnungsvoll nahm er damit die Vernichtung der Juden vorweg. 1942 wurde er von den Nationalsozialisten ermordet, auf offener Straße wurde er im Krakauer Ghetto von einem deutschen Soldaten erschossen. Doch ungefähr 170 seiner Werke haben die Schoa überlebt. In der Martinskirche Bad Lippspringe wurden sie am Samstag, den 15. Juni 2019, von Manfred Lemm (Gitarre und Gesang) und Fred Patzelt (Klarinette) auf eindrucksvolle Weise interpretiert.
Der Kammermusiker Patzelt war jahrzehntelang Mitglied im Wuppertaler Sinfonieorchester. In den 80er Jahren lernte er durch Manfred Lemm die Klezmermusik, die Musik der osteuropäischen Wandermusiker kennen. Das Hauptinstrument dieser Musikgattung, die Klarinette, wird von Patzelt virtuos beherrscht. Gemeinsam mit dem Gitarrenspiel und dem Gesang von Manfred Lemm, der weit über die Grenzen der Bundesrepublik Deutschland hinaus als Protagonist der jiddischen Musikszene gilt, ergänzt sich sein Spiel zu einer mitreißenden Sinfonie. Daher zeigten sich die rund einhundert Besucher des Konzerts auch restlos begeistert. Mit stehendem Applaus wurden die beiden Musiker nach ihrem einstündigen Konzert verabschiedet.