Verlegung der ersten 20 Stolpersteine
10.07.2019 – Lesezeit ~3 Minuten
„Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ „Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist.“ Diese zwei Sätze, der erste aus dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, der zweite aus dem Talmud, bildeten das zentrale Motto, unter dem am 10. Juli 2019 in Bad Lippspringe 20 Stolpersteine verlegt wurden. 20 Stolpersteine, die dafür sorgen sollen, dass die Menschen, die in der Zeit der Nazidiktatur aufgrund ihres Glaubens, ihrer Gesinnung oder ihrer Herkunft verfolgt, drangsaliert oder ermordet wurden, in Erinnerung bleiben. Und zugleich ein mahnendes Zeichen dafür darstellen sollen, auch in Zukunft keinen Raum für Hass und Ausgrenzung zuzulassen.
Froh darüber, dass die Aktion Stolpersteine nun auch in Bad Lippspringe umgesetzt wird, zeigte sich Bürgermeister Andreas Bee in seinem Grußwort an die rund einhundert anwesenden Gäste, die die Zeremonie in der Kaiser-Karls-Trinkhalle anlässlich der Verlegung verfolgten. Denn für ihn stellt das Mitmachen bei diesem Projekt keine Selbstverständlichkeit dar: „Wenn man Stolpersteine verlegt, kann es nämlich sein, dass manche Menschen darüber stolpern – was ja Sinn der Sache ist. Diejenigen freuen sich aber nicht darüber, also mussten und müssen die Akteure und Initiatoren dieser Aktion hier in Bad Lippspringe in Kauf nehmen, dass sie für manche Menschen unbequem sind. […] Das verdient Respekt, Anerkennung und Dank.“
Im Anschluss an das Grußwort des Bürgermeisters trug die Schülerin Sofija Umljenovic einen Text vor, den sie unter dem Eindruck ihres Besuchs in
Auschwitz verfasst hatte. In ihrer bewegenden Kurzgeschichte schilderte sie das Leiden eines Kindes, das mit medizinischen Experimenten gequält
wurde.
Bevor es dann zur ersten Verlegestelle auf dem Marktplatz ging, wurden alle Opfer von den Mitgliedern der Arbeitsgruppe Stolpersteine namentlich
vorgestellt und die individuellen Schicksale skizziert, ein sichtlich bewegender Moment für alle Anwesenden.
Auf dem Marktplatz wartete bereits der Künstler Gunter Demnig, der dort die ersten fünf Stolpersteine für die Familie Lorch verlegte. Clara Lorch, nach der in Bad Lippspringe eine Straße benannt ist, wurde ebenso wie ihre Schwester Meta Meyer, nach Auschwitz deportiert, wo beide Frauen in den Gaskammern ermordet wurde. Ihren Söhnen Helmut und Werner, die beide in der Reichspogromnacht 1938 nachts mit vorgehaltener Waffe aus dem Bett gezerrt und in die eiskalte Lippequelle getrieben wurden, gelang hingegen die Flucht. Bereits einen Tag nach diesem Verbrechen packten die beiden ihre Sachen und flohen zu ihrer Schwester Lotte nach Hamburg. Vor dort gelang ihnen die Flucht nach Shanghai.
Im Anschluss wurden noch vier Stolpersteine für die Familie Meyer, Lange Str. 16, vier Stolpersteine für Familie Naumann, Dammstr. 5, vier Stolpersteine für Familie Abrahams, Mühlenflößstr. 8 und drei Stolpersteine für Familie Lewy, Detmolder Str. 240, verlegt.
Kurzfilm der Verlegung
Fotos von der Zeremonie in der Kaiser-Karls-Trinkhalle
Fotos der Verlegung finden Sie bei den jeweiligen Familien.