Zweite Verlegung der Stolpersteine
24.06.2020 – Lesezeit ~3 Minuten
Am 24. Juni 2020 wurden in Bad Lippspringe zum zweiten Mal Stolpersteine verlegt, um der Opfer des Naziterrors zu gedenken. In einer Feierstunde auf dem Rathausplatz wurden hierzu zunächst alle Opfer namentlich genannt. Denn eine zentrale Idee des Gedenkens mit Stolpersteinen ist, den Opfern ihre Namen zurückzugeben, da sie unter dem Terrorregime der Nazis oftmals zu Nummern degradiert wurden.
Mit dabei waren auch Angehörige der Familie Kusserow, einer Familie der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas, die von den Nazis drangsaliert, entrechtet, eingesperrt oder gar hingerichtet wurden. Die weiteste Anreise allerdings klappte nicht. Jethro Rübenhagen, der Sohn von Elisabeth Kusserow, für die ein Stolperstein verlegt wurde, wollte eigentlich aus Suriname (Südamerika) anreisen. Dies konnte jedoch wegen der aufgrund der Corona-Pandemie geschlossenen Grenzen nicht erfolgen. Herr Rübenhagen hatte allerdings für die Gedenkveranstaltung ein Grußwort gesandt, dass vor Ort verlesen wurde.
Anwesend war jedoch Gabriel Reuter, der Neffe von Magdalena Kusserow. Dieser schilderte in eindringlichen Worten, wie sich das Leben der Familie Kusserow, die sich in Bad Lippspringe vor 1933 immer wohl gefühlt hatte, zunehmend schwieriger gestaltete. Dies vor allen Dingen deswegen, weil sie den Hitlergruß aus religiösen Gründen verweigerten. Viele Familienmitglieder mussten deshalb ins Gefängnis, die Jüngsten kamen in ein Erziehungsheim, die wehrpflichtigen Brüder Wilhelm und Wolfgang wurden wegen Wehrdienstverweigerung hingerichtet.
Ebenso wurde an die jüdische Familie Edelmann erinnert, die ein Geschäft für Bekleidung in Bad Lippspringe hatte, dieses aber aufgeben musste, weil nach dem Boykottaufruf der Nazis niemand mehr bei ihnen einkaufen durfte. Die Familie verließ daraufhin notgedrungen Bad Lippspringe. Beim Vater Robert, der bereits 1942 starb, wird vermutet, dass er Selbstmord beging. Die Tochter Berta wurde dreizehnjährig in Auschwitz ermordet.
Zentrale Idee der Aktion Stolpersteine ist das Bestreben, die Erinnerung an die schreckliche Zeit des Naziterrors wach zu halten. Denn die Stolpersteine sollen eine Mahnung an alle sein, dass sich so etwas nie wiederholen darf. Dies ist umso wichtiger, als heutzutage immer öfter die Frage zu hören ist, ob denn nicht einmal langsam Schluss sein solle mit der Erinnerungskultur. Hier positioniert sich die Arbeitsgruppen Stolpersteine für Bad Lippspringe eindeutig: „Nein, es darf kein Ende sein, mit dem Erinnern“. Die Stolpersteine sollen vielmehr als Aufforderung verstanden werden. Zu handeln, wo immer die Würde eines Anderen verletzt wird. Dagegen zu halten, wenn eine Sprache des Hasses um sich greift. Einzuschreiten, wenn andere ausgegrenzt werden. Widersprechen, wenn bestimmte Gruppen zu Sündenböcken erklärt werden. Denn der erste Artikel unseres Grundgesetzes besagt: Die Würde des Menschen ist unantastbar.
Fotos von der Zeremonie auf dem Rathausplatz
Fotos der Verlegung finden Sie bei den jeweiligen Familien.