Helmut Lorch

geboren 1918

Portrait von Helmut Lorch

Portrait von Helmut Lorch

Helmut Lorch war das jüngste Kind von Clara und Albert Lorch. Er gehörte zu der Gruppe von jüdischen Männern, die in der Nacht des 9. November 1938 von den Nazis aus den Betten gezerrt und mit vorgehaltener Pistole in die eiskalte Lippequelle getrieben worden waren. Dieser Terrorakt führte 1949 zu einem Verfahren vor dem Paderborner Schwurgericht, bei dem sechs Bad Lippspringer Bürger mit dem Vorwurf „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ bzw. „Landfriedensbruch“ angeklagt wurden. Alle sechs Angeklagten wurden allerdings wegen Mangel an Beweisen freigesprochen. Daher mussten die Gerichtsakten nur für fünf Jahre aufbewahrt werden, so dass diese vernichtet wurden und nicht mehr vorliegen. Zur Rekonstruktion der Geschehnisse konnten folglich nur noch Zeitzeugenberichte sowie Berichterstattungen in der Tagespresse hinzugezogen werden. Nach diesen Berichten habe es in Bad Lippspringe am 9. November 1938 eine Parteifeier anlässlich des fehlgeschlagenen Novemberputsches von 1923 gegeben. Während dieser Feier traf die Nachricht von den tödlichen Schüssen auf den deutschen Legationssekretär vom Rath in Paris ein. Daraufhin habe der Ortsgruppenleiter von den anwesenden Parteimitgliedern eine „Aktion gegen die örtlichen Juden“ verlangt. Da die örtliche Synagoge aber bereits vor mehreren Jahren aus baulichen Gründen abgerissen worden war und die Geschäfte der Familien Lorch und Meyer auch schon in „arischen“ Besitz übergegangen waren, richtete sich die Aggression der Nazis gegen die Wohnhäuser der jüdischen Mitbürger, bei denen sie Scheiben einschlugen, sowie gegen deren Bewohner selbst. Etwa zehn jüdische Männer wurden mit Waffengewalt ins Parteilokal Peters in der Detmolder Straße getrieben, wo sie geschlagen wurden. Mit erhobenen Händen und dem Gesicht zur Wand mussten sie zudem eine Stunde lang dort ausharren. Anschließend wurden sie durch den Kurpark zur Lippequelle getrieben. Auf das Kommando „Die Juden ins Wasser, marsch!“ wurden sie unter Schlägen ins Wasser getrieben. Erst in den frühen Morgenstunden durften sie in ihre Wohnungen zurückkehren.

Bereits am nächsten Morgen verließ Helmut daraufhin Bad Lippspringe. Morgens früh um 6 Uhr verabschiedete er sich von seinen Verwandten, der Familie Naumann, um zusammen mit seinem älteren Bruder Werner zu seiner Schwester Lotte Magnus nach Hamburg zu fahren. Dort wurde er zunächst verhaftet, wie sein Bruder Werner in einem Brief an Christian Starre schreibt. Nur, weil er eine Ausreisegenehmigung vorlegen konnte, wurde er wieder freigelassen.

Im Frühjahr 1939 verließen die Brüder Helmut und Werner Hamburg. Zunächst ging es mit dem Schiff nach Triest. Dort angekommen war das Schiff, mit dem sie eigentlich weiterreisen wollten, bereits abgefahren. Stattdessen nahmen sie ein anderes Schiff mit Zielhafen Shanghai. Dies war damals der einzige offene Hafen, in dem noch Flüchtlinge aufgenommen und Visa ausgegeben wurden. In den Berichten von Elfried Naumann ist nachzulesen, dass die Ausreise nach England und Amerika immer schwerer wurde, weil man einen Bürgen benötigte oder eine entsprechende Geldsumme hinterlegen musste.

In Shanghai angekommen lebte Helmut unter elendigen Bedingungen, da es schwer war, dort das Geld für den Lebensunterhalt zu verdienen. 1947 konnte er dann zusammen mit seinem Bruder sowie ihren beiden Frauen nach Amerika emigrieren.